Pracht, Leipzig
Im Juli wurde die neunte Ausgabe des Magazins Kunst, Spektakel & Revolution veröffentlicht. Das Heft beschäftigt sich mit Theorie und Kritik der Avantgarde. In der Pracht möchten wir Aspekte des Hefts vorstellen:
Unter dem Begriff der Avantgarde werden diejenigen künstlerischen Strömungen innerhalb der Moderne verstanden, die die Gestaltungsmittel der Kunst für eine umfassende Neugestaltung des gesellschaftlichen Lebens mobilisieren wollten und damit über den eng gesteckten Bereich der Kunst hinaus gingen. Nach Peter Bürger trat mit den Avantgarden die bürgerliche Kunst in das Stadium der Selbstkritik. Sie gingen kollektiv vor, durchbrachen den Schein des organischen Kunstwerks, kehrten die Produziertheit der Werke hervor, arbeiteten mit den Mitteln der Montage und wollten eine sinnliche Reflexion provozieren. Die Befreiung der Form zielte auf die Befreiung des Subjekts. Dieses Vorhaben hatte zwei zentrale Bedingungen: Den technisch-produktiven Fortschritt am Anfang des 20. Jahrhunderts, der auch mit einer Euphorie von Planbarkeit und Machbarkeit einher ging - und die Arbeiterbewegung, die als relevante Kraft eine revolutionäre Perspektive glaubhaft machen konnte. Dass technisch-produktiver Fortschritt nicht mit sozialem Fortschritt identisch sein muss und dass die Arbeiterbewegung scheiterte, wirft auch ein Licht auf die historischen Avantgarden.
Lukas Holfeld, Redakteur von Kunst, Spektakel & Revolution wird einige Thesen zur Avantgarde vorstellen.
Mit der Stilisierung von Gefahr und Leid löste der surrealistische Schock beim Rezipienten einen Schock aus - ein Effekt, der mit Abscheu in Form von Horror einherging. Das Bedrohliche wurde so von der Kunst absorbiert, überhöht und auf die Gesellschaft zurückgeschleudert, um das Ende des Schreckens vorwegzunehmen. Nicht zuletzt wurde zu diesem Zweck die Stimulation der Sinne und der Phantasie mobilisiert, ohne in einer bloßen Sensation aufzugehen. Ausgehend von einem radikalen Freiheitsbegriff ermöglichte der surrealistische Schock einerseits den Durchbruch des verdrängten Begehrens und andererseits die Entfaltung des Unmuts über das gesellschaftliche Leid. Aus dieser Bewegung heraus brachte der künstlerische Schock die Möglichkeit einer Erfahrung hervor, die an sich politisch ist, nämlich das Begehren zu verwirklichen und das soziale Leiden abzuschaffen. Doch auf den Kopf gestellt und verdinglicht, wurde diese Bewegung kommodifiziert, ihr Moment wiedergewonnen, indem Schock und Entsetzen zur Erzeugung von kulturellem Material und einem diskursiven Feld des banalisierten und unterhaltsamen Schreckens eingesetzt wurden - nicht das, was die Surrealisten im Sinn hatten, aber das, wofür die Kulturindustrie und der Faschismus, abgesehen von der Stabilisierung der Krise, bekannt wurden. Disruption und Schock wurden durch die Verdinglichung der Figur des Außenseiters und des Rebellen zu politischen Techniken, während das Irrationale zur mythischen Ekstase und zum Stimulus wurde, durch den die Gesellschaft jede echte Störung verbot, ein trojanisches Pferd der Niederlage, das von der ästhetischen Avantgarde des Surrealismus eingeführt wurde.
Chris Weinhold, Autor des Textes Auf die Gemeinheit ist eine Prämie gesetzt. Über den Surrealismus, seine Verweser und Vollstrecker in der KSR N°9 wird Thesen über das Scheitern des Surrealismus vortragen.
Im Anschluss laden wir dazu ein, auf das Erscheinen der KSR N°9 anzustoßen. Für den Eintritt wird um eine Spende gebeten.